Author Alexander

Etappen

Tag 1 - 3
In der Nacht habe ich nicht viel geschlafen. Vormittags hat jeder von uns noch verschiedene Dinge zu erledigen - sechs Wochen sind eine lange Zeit!

Als Harry und Jürgen mit dem Auto vor der Tür stehen, wird mir doch etwas mulmig. Habe ich an alles gedacht? Wie werden wir in Neuseeland zurechtkommen? Reicht die Kondition? Nicht, dass dies meine erste Tour ist, aber länger als vier Wochen war ich noch nicht unterwegs. Und dann gleich ans andere "Ende der Welt", wo ich doch noch nie außerhalb von Europa war! Der erste Schock ereilt uns in Frankfurt am Flughafen. 30 € soll eine Fahrradtransportbox (Pappschachtel) kosten, na ja, gnädigerweise schenkt man uns das Klebeband! Ruckzuck sind die Räder verpackt und auch das Check-in verläuft ohne Probleme. In der 747-400 der Lufthansa ist es ganz schön eng. Gute Filme werden auch nicht gezeigt. Schlafen können wir beide nicht gerade viel und so kommen wir total übermüdet in Singapur an.

Endlich können wir uns wieder so richtig bewegen, nach 12 Stunden Flug auch mal wieder dringend nötig! Der Flughafen ist ein einziges Shopping-Paradies. Viele Sachen sind weitaus billiger als bei uns. Mal sehen, vielleicht könnte man beim Rückflug ja eine Digitalkamera...? Nach vier Stunden geht es mit Air New Zealand weiter nach Auckland. Erfreulich ist der größere Sitzabstand. Ansonsten kann ich nur sagen, das der Flug für mich eine einzige Tortour ist. Zum Frühstück gibt es etwas undefinierbares ohne Geschmack. Die Einreise nach Neuseeland erinnert mich etwas an die Einreise in die ehem. DDR. Menschenmassen, die für einen Stempel im Paß anstehen. Es geht aber schnell und freundlich. Doch schon ereilt uns die nächste Überraschung. Die Fahrräder sind nicht angekommen. Während Jürgen dem Wahnsinn nahe ist, ertrage ich es mit stoischer Ruhe und Gelassenheit, vielleicht aber auch nur weil ich todmüde bin. Nur dem freundlichen und hilfsbereiten Flughafenpersonal haben wir die schnelle Abwicklung der Verlustmeldung zu verdanken. Mit einem " Bio detecting Dog" (im Flugzeug beim Ausfüllen des Einreiseformulars habe ich mich gefragt, was das sein soll - auf einen Hund wäre ich nicht gekommen) wird fast jedes Gepäckstück untersucht. Es gibt hier sehr strenge Zollvorschriften über die Einfuhr von Lebensmitteln usw. Hoch erfreut zeigen sich die Zollbeamten über mein sauberes Zelt, sie können nicht glauben, das es gebraucht ist. So erspare ich mir die Desinfektion des Zeltes. Die restlichen fünf Stunden bis zu unserem Flug vertreiben wir uns mit den kulinarischen Errungenschaften der neuseeländischen Küche. Nicht gerade experimentierfreudig bestellen wir nur Wedges mit Sourcream. Mit einer Beechkraft 1900D fliegen wir nach Rotorua. Das ist ein kleiner Feldhopser für ungefähr 20 Leute. Dem Piloten kann man über die Schulter schauen - überflüssig zu erwähnen, das auch auf die Sicherheitskontrolle verzichtet wurde.

In Rotorua ist der AVIS Schalter nicht besetzt - es ist schließlich Sonntag! Wie ich das mit einem Telefonat schaffte doch zu einem Auto zu kommen, weis ich selbst nicht. Nach fast 48 Stunden auf den Beinen auch noch die neuseeländische Version des Englischen zu verstehen ist nicht gerade einfach. Da sich Jürgen nicht vordrängelt, erkläre ich mich freiwillig bereit zu fahren. Das blöde ist nur, das auf der Seite, auf der ich einsteigen will, kein Lenkrad ist. Nicht nur das Lenkrad ist auf der falschen Seite, nein auch der Blinker ist rechts. Das hat natürlich zur Folge, das ich jedes Mal den Scheibenwischer beim Abbiegen einschalte. Jürgen führt uns an Hand des Stadtplans, zwar nicht gerade zielstrebig, aber immerhin doch zum Motel. Nach einer ausgiebigen Dusche stürmen wir den gleich neben dem Motel befindlichen Pizza Hut. Die Bedienung scheint heute ihren ersten Tag zu haben, denn das was wir bestellt haben, bekommen wir beide nicht - dafür aber viel umsonst! Zum Glück schlafen wir beide nicht über unserer Pizza ein. Wenn das so weitergeht wird es "schöner" Urlaub werden!

Tag 4
Eigentlich sind wir ganz glücklich über das Auto. So können wir doch etwas mehr von der Nordinsel sehen. Nach einem ausgiebigen neuseeländischen Frühstück (man bezeichnet uns als "early starter", weil wir schon um 7.15 Uhr Frühstück bestellen) machen wir uns auf den Weg zum Tongariro National Park. Weil es unterwegs so viel zu sehen gibt (u. a. einen riesigen Supermarkt, die Huka Falls) kommen wir erst gegen 12.30 Uhr im Nationalpark an. Auf der Straße zum Nationalpark war so gut wie kein Verkehr - umso erstaunter sind wir über die Menschenmenge im Nationalpark. Wir machen eine etwa 3stündige Wanderung zu den Taranaki Falls. Wir laufen die meiste Zeit bei schönstem Wetter durch offene Tussock-Landschaft, ein Stück auch mal durch Wald, zu den beeindruckenden Taranaki Falls. Immer wieder hat man schöne Ausblicke auf die Vulkane des Parks. Kurz nach 19.00 Uhr sind wir wieder in Rotorua und stürmen den Supermarkt. Leider hält die Pizza und das Tomatenbaguette nicht das, was die Packung verspricht - schmeckt recht besch....! Zum Glück haben wir noch eine Flasche Wein gekauft! Da ich bereits nach dem ersten Glas Wein eine gewisse Müdigkeit verspüre opfert sich Jürgen und leert die Falsche alleine - dumm gelaufen für mich! Ach ja, unsere Fahrräder wurden heute Abend angeliefert.

Tag 5
Heute stehen die Geothermalfelder Waiotapu und Whakarewarewa auf dem Programm. Waiotapu liegt etwa 30 km südlich von Rotorua am HW 5. Der Name heißt übersetzt aus der Maorisprache "Heiliges Wasser". Das Gelände besteht aus kollabierten Kratern, Schlammtümpeln und Seen, die durch den Waiotapu-Bach gespeist werden. Durch verschiedene Chemikalien entstehen viele Farben. Namen wie "Opalsee", "Champagnerpool", "Tintenfässer des Teufels" usw. lassen erahnen, warum man das Thermalfeld zurecht als farbenprächtigstes Neuseelands bezeichnet. Täglich um 10.00 Uhr kann man den Lady-Knox-Geysir bewundern, der mit Hilfe von Seifenlauge in einer eher disneylandähnlichen Inszenierung zur Eruption gebracht wird. Kann man sich getrost sparen! Im Whakarewarewa Thermalfeld gibt es genug Geysire in Aktion! Am südlichen Ende von Rotorua liegt das Whakarewarewa Thermalfeld, das wir am Nachmittag besuchen. Abgesehen von den Geysiren finden wir dieses Thermalfeld nicht so interessant; man sollte es vielleicht besser vor dem anderen ansehen. Auf dem weitläufigen Gelände ist außerdem ein Maori Marae mit sehenswerten Nachbauten eines Maoridorfes zu besichtigen.

Und da heute Silvester ist stürzen wir uns ins Nachtleben von Rotorua. Es ist mächtig was los in der Stadt! An der Uferpromenade, gegenüber von unserem Motel, ist ein Open-Air-Konzert, ein Rummelplatz bedient die Vergnügungssüchtigen, eine Dudelsackband zieht durch die Stadt, überall drängeln sich Menschen durch die Straßen. Der Höhepunkt des Abends ist ein Feuerwerk über dem See. Danach ist es Zeit für uns schlafen zu gehen - wir fliegen morgen weiter nach Westport und das Auto muß bis 9.00 Uhr abgegeben sein.

Tag 6
Als wir aufstehen, bemerke ich, das mir 4 belichtete Filme aus dem Kühlschrank fehlen. Nachwirkungen der Silvesterparty? Mit den Rädern im Kofferraum fahren wir zum Flughafen. Das Einchecken bereitet keine Probleme und so warten wir auf unseren Flug nach Wellington. Wir überfliegen den Tongariro Nationalpark mit Blick auf den Mt. Ruhapeu.

In Wellington müssen wir in eine Beechcraft 1900D umsteigen. Da der Gepäckraum für die Räder und das viele Gepäck nicht ausreicht, wird auch die Toilette und die letzten freien Plätze mit Gepäck belegt. In Westport sind wir natürlich die Attraktion mit unseren "riesigen" Transportboxen und werden auch gleich vom dortigen Flughafenpersonal fotografiert. So große Boxen in einem so kleinen Flugzeug haben sie noch nicht gesehen! Der Flughafen besteht eigentlich nur aus einer Baracke, das Gepäck wird einfach davor gestellt. Trotz der Verpackung sehen die Räder doch arg mitgenommen aus. Wir brauchen lange bis wir die Schaltung wieder richtig eingestellt haben. Ein kräftiger Rückenwind bläst uns ins Städtchen Westport. Mit gerade mal 4600 Einwohnern ist es hier an der Westküste schon eine richtige "Großstadt". Wir übernachten im TrippInn Hostel, ein stilvolles Haus dem 19. Jahrhundert. Die engen Zimmer werden durch den gemütlichen Aufenthaltsraum und die freundliche und hilfsbereite Besitzerin wettgemacht. Morgen starten wir nun endlich mit unserer Tour, da sind noch die Taschen umzupacken, einzukaufen - einfach viele Dinge zu erledigen, für die wir noch keine Zeit hatten oder haben wollten. Das Wetter soll weiterhin gut bleiben und so verbringen wir eine ruhige Nacht.